Basierend auf seiner Re:flexion möchten wir mit Euch ins Gespräch und ins gemeinsame Handeln kommen. Schreibt uns dazu gerne via: reform@projecttogether.org.
Es muss sich etwas ändern beim Umgang mit Kommunen in Deutschland. Ganz direkt gesagt: Die Bundes- und die Landesebene passen nicht zur Kommunalebene. Zu viele Aufgaben werden auf die Städte und Gemeinden verlagert, ohne das mit finanziellen Mitteln auszugleichen. Die Folge sind massive Spannungen im demokratischen Gefüge und ein Druck aus Erwartungen der Bevölkerung, welche die Kommunen nicht erfüllen können.
Das führt auf kommunaler Ebene dazu, dass aus der Logik der gegenwärtigen Strukturen und der ökonomischen Realitäten heraus gerade finanzschwache Kommunen gezwungen werden, letztlich gegen die Interessen der eigenen Bürger:innen zu handeln. Demokratische Kernaufgaben werden an private Marktanbieter abgegeben und sich daraus ergebende Gewinne privatisiert. Geht das nicht schon in Richtung Steuerraub?
Ein Beispiel: Klimaschutz ist keine gesetzliche Pflichtaufgabe der Kommunen, sodass auch das sogenannte „Konnexitätsprinzip“ nicht greift. Wäre dies der Fall, müssten Bund und Länder den Städten und Gemeinden umfassende Ressourcen zur Verfügung stellen, damit sie Ihre Pflichten erfüllen können. Zeitgleich werden im Rekordtempo neue Klimaschutzverordnungen verabschiedet, welche die Kommunen einzuhalten haben.
Es ergibt sich also das Dilemma, dass Kommunen gezwungen sind, etwas zu tun, dazu aber nicht in der Lage sind. Das führt wiederum dazu, dass externe Firmen – mit klaren wirtschaftlichen Absichten – in entscheidenden Fragen dazu geholt werden.
Viele Kommunen haben also schlicht nicht die Kapazitäten, um die Interessen der Bürger:innen zu wahren und sehen sich daher gezwungen, große Aufgaben und damit einhergehende Potenziale an die Privatwirtschaft zu übertragen. Das zeigt sich etwa beim Thema Photovoltaik (PV). Eine Schule beispielsweise bietet herausragende Bedingungen, um dort als Stadt eine PV-Anlage zu betreiben. Über die Laufzeit hinweg können so durchschnittlich Kosteneinsparungen von über 350.000 Euro generiert werden. Aufgrund der fehlenden Ressourcen werden die kommunalen Dachflächen jedoch zu oft symbolischen Kleinstbeträgen an private Firmen verpachtet, welche dort dann selber PV-Anlagen betreiben.
Schuld hat oftmals das Prinzip des Contracting, das gerade im Energiesektor vielfach zum Tragen kommt. Firmen profitieren von der Überforderung der Kommunen und bieten als schnelle Abhilfe an, die Energiewende für die Städte und Gemeinden zu übernehmen. Damit einhergehend werden auch die Gewinne und Einsparungen privatisiert. Das massive Potenzial aus der Energiewende geht in die Privatwirtschaft statt in die Kassen der Städte und Gemeinden.
Das bedeutet: Finanzschwache Kommunen werden nochmals geschwächt und machen sich abhängig von den Interessen der Firmen. Wie viel nachhaltiger wäre es, wenn die Kommunen selbst die Kapazitäten hätten und der Staat nicht in ein vermeidbares Abhängigkeitsverhältnis kommen würde? So gehen Kommunen pro Jahr Beträge im mehrstelligen Millionenbereich verloren.
Natürlich könnte dieses Verfahren vom Bund verboten werden – aber was würde das bedeuten? Es würde sich erst einmal ein Vakuum auftun. Aber es gibt eine Vielzahl von möglichen Lösungen, bei denen es vor allem um die Finanzierbarkeit der notwendigen Transformationsmaßnahmen geht und die Frage: Wie kann der Staat das selbst leisten?
Der Punkt dabei ist: Staatliche Investitionen in die eigene Energiewende würden sich amortisieren – dafür braucht der Staat aber Geld, das er jetzt investiert und später davon profitiert. Ein kreativer Ansatz, um dieses Problem zu lösen, ist etwa die Kooperation einer Kommune mit einer sogenannten Bürgerenergiegenossenschaft. Das demokratische Versprechen dabei ist klar und attraktiv: Ich kann in die Energiewende meiner Kommune investieren.
Gelder von Privatpersonen werden mit dem Geld aus dem Haushalt der Kommune gebündelt, sodass zusätzliche Mitarbeiter eingestellt und Investitionen in die Energiewende getätigt werden können.
Warum das gut funktioniert? Weil Kommunen und Bürgerenergiegenossenschaften gemeinsame Ziele verfolgen: Eine dezentrale Energieversorgung mit Erneuerbaren Energien, die mehr Unabhängigkeit bringt, lokal einen Beitrag zum Klimaschutz leistet und zudem die Wertschöpfung in der Region hält. Die sich ergebenden Erträge werden dabei anteilig zum eingesetzten Kapital an die Bürger:innen und die Kommune ausgezahlt. Das Maß an Standardisierbarkeit ist bei einem solchen Modell enorm hoch und der Bedarf bundesweit gegeben.
Was es also braucht, ist ein national einheitliches Modell für die Finanzierbarkeit der kommunalen Energiewende, bei dem Bürger:innen co-investieren können. So kann sich jede Gemeinde und jede Stadt selbst befähigen, aktiv zu werden und unabhängig zu bleiben. Dabei geht es zunehmend nicht mehr nur darum, dass Kommunen als Nice-to-have-Effekt Geld einsparen, sondern hierüber ihre eigenen Haushalte nachhaltig sanieren können. Von einem solchen Potenzial sollten also alle Kommunen und damit alle Bürger:innen und nicht nur wenige Firmen profitieren.
Was bedeutet es, wenn die Verwaltung wie ein Team arbeitet?
Eine Herausforderung staatlichen Handelns ist die Frage, ob der Staat liefert. Oder warum der Staat nicht liefert. Man kann das als „responsiveness“ beschreiben, also das Gefühl, dass da Menschen arbeiten, die verstehen, was die Gesellschaft will, was wir brauchen. Und wenn es hakt, wenn man merkt, dass da etwas nicht so funktioniert, wie es sollte, erkennt man oft, dass es an den Abläufen innerhalb der Verwaltung liegt – wie sie organisiert sind und wie falsche Prioritäten und Partikularismen die Abläufe behindern. Modul F ist ein Beispiel dafür, wie es anders gehen könnte; und verweist doch gleichzeitig auf die Dysfunktionalitäten im System: Wie können alle im Staat arbeitenden Menschen lernen, sich als ein Team Staat zu begreifen? Für diesen kulturellen Wandel müssen sich nicht nur Mitarbeitende aus Bund, Ländern und Kommunen als Kollegen begreifen, es müssen auch die Gräben zwischen Referaten und Abteilungen überwunden werden. Zuständigkeiten haben ihre Funktion, aber wenn eine risikoaverse Kultur des “Das ist nicht meine Zuständigkeit” übernimmt, verliert staatliches Handeln leicht an Dynamik. Spoiler Alert: Auch der Föderalismus hilft hier nicht wirklich weiter.